Corona-Ausbruch noch nicht unter Kontrolle und die Zahlen steigen weiter.
Sachsen-Anhalts Corona-Ampel ist strenger als die der Bundesregierung: Bereits bei 30 Fällen pro 100.000 Einwohnern innerhalb einer Woche soll härter durchgegriffen werden. Die Bundesregierung greift erst bei 50 Fällen ein. Für eine Stadt wie Magdeburg mit 234.000 Einwohnern heißt das: Bei 71 Fällen in sieben Tagen drohen erneute Einschränkungen. Magdeburg steht bereits seit gestern knapp vor dieser Schwelle: 70 Neuinfektionen in sieben Tagen zählt das Sozialministerium.
Der Ausbruch in Magdeburg
Was war passiert: In einer rumänischen Gemeinschaft brach in der letzten Woche sehr schnell ein neuer Infektionskern aus. Seit vergangenem Mittwoch steigen die Zahlen in der Landeshauptstadt wieder, die seit April kaum noch Infektionen zu verzeichnen hatte. Am Montag kamen auf einen Schlag 34 Neuinfektionen hinzu: „Wir können nicht nahtlos nachvollziehen, woher die Infektion kommt. Es gibt einen Pfarrer aus Berlin, der auch in Schönebeck eine Pflingstgemeinde betreut. Und der hat schon in Berlin Menschen angesteckt“, erklärte Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper am Dienstag auf einer Pressekonferenz unserem Landeshauptstadtreporter. Trümper war hier zuversichtlich: „In einer Woche sitzen wir hier wieder zusammen, und ich werde Ihnen hoffentlich sagen, dass alles wieder vorbei ist.“ Am Mittwoch jedoch kamen weitere 23 Neuinfektionen hinzu.
Die Corona-Ampel
Die Landesregierung hatte sich mit der sechsten Corona-Landesverordnung zusätzlich auf ein neues Testverfahren geeinigt. Eine dreistufige Ampel soll sicherstellen, dass ein neuer Ausbruch schnell unter Kontrolle gebracht wird:
- Stufe 1 – Grün Prüfsignale: mehr als 5 und weniger als 10 Fälle/100.000 Einwohner
- Stufe 2 – Gelb Warnsignale: ab 10 und weniger als 30 Fälle/100.000 Einwohner
- Stufe 3 – Rot Schwellenwert für großräumige Eindämmung: ab 30 Fälle/100.000 Einwohner
Je nach erreichtem Schwellwert müssen die betroffenen Gemeinden weitere Maßnahmen ergreifen. Und: Kommen noch weitere Faktoren hinzu, muss die Maßnahme in Abstimmung mit dem Sozialministerium verschärft werden. Ausschlaggebend sind hier der sogenannte R-Wert und die Anzahl der verfügbaren intensivmedizinischen Betten.
Der R-Wert
Eine Schwellenwert für die nächste Stufe der Corona-Ampel in Sachsen-Anhalt ist der sogenannte R-Wert. Wissenschaftler berechnen hiermit, wie viele Menschen von einem Infizierten angesteckt werden. R=1 heißt: Ein Infizierter steckt einen weiteren Menschen an. R=2 Ein Infizierter steckt zwei Menschen an. Der R-Wert in Sachsen-Anhalt liegt aktuell durch den Ausbruch in Magdeburg bei 2.9 (Stand 14. Juni), das hat das Helmholz-Institut ermittelt. Das heißt, aktuell steckt ein Infizierter drei weitere Menschen an. Jedoch wird durch das Robert-Koch-Institut bereits seit einiger Zeit kein R-Wert mehr veröffentlicht, da bei den aktuell geringen Infektionszahlen in Sachsen-Anhalt der R-Wert nicht aussagekräftig ist. Sachsen-Anhalt baut jedoch beim Testverfahren auf diese Zahl.
Folgen für Magdeburg
Dennoch gilt zunächst der Maßnahmenplan des Landes. Magdeburg muss mithelfen, die Zahlen so klein wie möglich zu halten. Diese Aufgabe könnte die Stadt jedoch bald verlieren: Noch gibt es keinen Maßnahmeplan durch den Pandemiestab der Landesregierung. Jedoch besteht die Möglichkeit, dass dieser, wie im Konzept angedeutet, bei einer doppelt roten Ampel (R-Wert und Infektionszahlen zu hoch) wie in Magdeburg die Leitung übernimmt. „Ab zwei Ampeln auf Rot: Beschluss von großräumigen Eindämmungsmaßnahmen durch das Land in Abstimmung mit dem Pandemiestab", heißt es im Konzept. Und weiter: „Kommt es in einem Landkreis zu einer Situation, die von einem Gesundheitsamt nicht mehr unter Kontrolle zu bringen ist, unterstützt die mobile Task Force das zuständige Gesundheitsamt.“ Wie diese Maßnahmen jedoch aussehen, konnte das Sozialministerium auf Radio Brocken-Nachfrage nicht beantworten.
Mögliche Maßnahmen
Bereits jetzt hat Magdeburg zehn Schulen in der Stadt geschlossen. Auch Horte und Kita-Einrichtungen sind betroffen. Zudem wurden Spielplätze dicht gemacht. Außerdem wurde die Testkapazität für Coronatests erhöht, denn am Wochenende kam es zu Wartezeiten von fast vier Stunden, berichtet die Magdeburger Volksstimme. Jetzt wurden eine zweite Fieberambulanz eingerichtet und mobile Testmobile losgeschickt. Reicht das nicht, könnten diese Maßnahmen auf die gesamte Stadt ausgeweitet werden. Auch weitere Einschränkungen sind denkbar. Zunächst werden sich das Gesundheitsamt und der Pandemiestab auf Einrichtungen beschränken, die im direkten Kontakt mit den Infizierten standen. Jedoch streut bereits jetzt der neue Infektionsherd bis nach Schönebeck. Hier verhängten am Mittwoch zwei Kliniken in Bad Salzelmen einen Aufnahmestopp, weil eine Patientin aus Magdeburg positiv auf Corona getestet wurde.
Gegenüber Radio Brocken hat das Sozialministerium angekündigt, heute aktualisierte Infektionszahlen der Landeshauptstadt vorzulegen und die daraus resultierenden Schritte und Pläne für Magdeburg vorzustellen.