Fraktionschefin Pähle fordert umfassende und belastbare Aufklärung des Vorfalls.
Der Fluchtversuch des Attentäters von Halle am Pfingstwochenende sorgt für Misstrauen in der schwarz-rot-grünen Regierungskoalition. Die SPD-Fraktion äußerte nach einer Fraktionssitzung am Dienstag Zweifel an der Darstellung der Ereignisse von Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU). Die Akten würden keine Klarheit darüber bringen, ob die Anstaltsleitung der JVA Halle, wie von der Ministerin angegeben, eigenmächtig die Haftbedingungen des 28-Jährigen gelockert habe, sagte die rechtspolitische Sprecherin der Fraktion, Silke Schindler.
"Der Eindruck verfestigt sich, dass das Justizministerium sich nicht darum gekümmert hat, wie Sachsen-Anhalts Gefangener Nummer 1 bewacht wird", so Schindler. Vor knapp zwei Wochen war bekannt geworden, dass der Mann, der am 9. Oktober schwer bewaffnet die Synagoge in Halle stürmen wollte und nachdem er daran scheiterte zwei Menschen erschoss, an Pfingsten einen Fluchtversuch unternommen hatte. Der Mann war während eines Hofgangs unbewacht gewesen und daraufhin für fünf Minuten aus dem Blickfeld seiner Bewacher verschwunden. Keding hatte die JVA dafür verantwortlich gemacht und angegeben, die Anstaltsleitung habe die Vorgaben des Justizministeriums zur Bewachung des Mannes eigenmächtig gelockert. Die SPD scheint nun zu bezweifeln, dass es besagte Vorgaben überhaupt gab.
Fraktionschefin Katja Pähle forderte am Dienstag erneut eine umfassende und belastbare Aufklärung. "Ich erwarte, dass die Ministerin die Widersprüche und Unklarheiten eher innerhalb von Stunden als von Tagen aufklärt", sagte Pähle. "Gelingt das nicht, sehe ich das Vertrauen unserer Fraktion in die Arbeit der Hausspitze des Justizministeriums erschüttert." Der Rechtsausschuss des Landtags befasst sich seit voriger Woche mit der Aufklärung des Vorfalls.