20. April 2023 – Radio Brocken

Öko-Test

Erdbeeren aus dem Süden: Kein Genuss mit gutem Gewissen

Schon vor Beginn der deutschen Erdbeer-Saison sind in den Supermärkten Früchte aus Spanien oder Nordafrika erhältlich. Öko-Test hat 14 Sorten des beliebten Obstes untersucht – kann aber keine ohne Bedenken empfehlen.

erdbeeren früchte frucht sommer obst beere © pixabay.jpg

Strahlend rot, knackig und süß: Erdbeeren zählen laut einer Umfrage des Sinus-Instituts zu den liebsten Obstsorten der Deutschen. Demnächst beginnt hierzulande ihre Saison. Doch schon jetzt sind die Früchte, die genau genommen nicht zu den Beeren, sondern den Nüssen zählen, in vielen Supermärkten erhältlich. Aber der Preis dafür ist hoch: schlechte Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern, hoher Wasserverbrauch, weite Transportwege und teils starke Pestizidnutzung.

Öko-Test hat 14 Erdbeersorten aus Deutschlands Supermärkten untersucht. Das Ergebnis: Nur zwei konnten das Prädikat „gut“ erlangen, ebenfalls je zweimal wurden „mangelhaft“ und „ungenügend“ vergeben. Fast alle Sorten im Test stammten aus Spanien, lediglich die Frutania Erdbeeren von Globus wurden in Ägypten angebaut.

Qualität kostet Geld

Wer gute Qualität möchte, muss dafür bei den Erdbeeren ein bisschen mehr Geld ausgeben. Die Edeka Bio Erdbeeren für 7,98 Euro pro 500 Gramm gehören zu den beiden teuersten Produkten, schneiden aber gleichzeitig mit am besten ab. Ein „gut“ gab es außerdem für die Bio Erdbeeren von Rewe. Beide Sorten waren in Bezug auf Pestizide unbelastet. Das gilt überraschenderweise auch für zwei der konventionell angebauten Produkte: die Erdbeeren von Lidl sowie die Frutania Erdbeeren von Aldi Nord. Andererseits wurde in den „Bio Erdbeeren Naturland“ von Tegut das Insektizid Spinosad nachgewiesen, das als schädlich für Bienen gilt.

Mit „mangelhaft“ bewertet Öko-Test die Erdbeeren von Penny und Netto, die mit jeweils vier Pestiziden gespritzt wurden. Das gilt auch für die „Natur Lieblinge kleine Schätze Erdbeeren“ von Aldi Süd, für die es nur ein „ungenügend“ gab. In den ebenfalls mit „ungenügend“ bewerteten Erdbeeren von Norma konnten die Experten sogar sieben Pestizide nachweisen. Sowohl die Aldi-, als auch die Norma-Produkte enthalten dabei bienenschädigende und krebserregende Stoffe.

Schlechte Arbeitsbedingungen und bedenkliche Öko-Bilanz

Obwohl immerhin zwei der Bio-Erdbeeren das Prädikat „gut“ erhalten haben, rät Öko-Test, beim Kauf die heimische Saison abzuwarten. Denn die Arbeitsbedingungen Spanien sind oft schlecht: hoher Zeitdruck, geringe Löhne, unbezahlte Überstunden, kein Zugang zu sauberem Trinkwasser. Viele der andalusischen Anbaubetriebe verfügen zwar über eine Zertifizierung nach Global G.A.P., die niedrigere Arbeitsrisiken verspricht. Das Zertifikat werde laut Steffen Vogel von Oxfam jedoch von deutschen Supermarktketten finanziert – ein Interessenkonflikt.

Auch ökologisch sind die Erdbeeren aus dem Süden bedenklich. In Huelva, einer Provinz im spanischen Andalusien, wachsen sie in langen Tunneln aus Plastik. In der regenarmen Region sind sie auf eine hohe Wasserzufuhr angewiesen – laut WWF bis zu 300 Liter pro Kilo. Die dafür nötigen Brunnenlöcher werden teils illegal gebohrt. Das wirkt sich auch auf den nahegelegenen Nationalpark Coto de Doñana aus, ein wichtiges Feuchtgebiet, in dem rund sechs Millionen Zugvögel auf ihrem Weg Richtung Afrika Station machen. Darüber hinaus ist auch die CO2-Bilanz der Früchte denkbar schlecht, denn sie werden per Lkw auf einer Strecke von etwa 2.500 Kilometern bis nach Deutschland transportiert oder gar aus Nordafrika eingeflogen.

Mit gutem Gewissen kann man also nur die Erdbeeren aus heimischem Anbau genießen. Die sind außerdem dank kürzerer Transportwege frischer und intensiver im Geschmack.

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