15. November 2021 – Radio Brocken
Die Inzidenzen schnellen weiter in die Höhe und eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen wird gefordert. Doch kann der Arbeitgeber eine Corona-Impfung oder einen täglichen Test verlangen? Gehört die Testzeit mit zur Arbeitszeit? Wir haben hier die Antworten für Sie.
Kann Ihr Arbeitgeber verlangen, dass Sie sich gegen Corona impfen lassen? Dürfen Sie einen Termin während der Arbeitszeit wahrnehmen - und wer bezahlt dann Ihr Gehalt? Haben Sie ein Recht auf regelmäßige Schnelltests am Arbeitsplatz? Wir haben die Antworten drauf kurz für Sie zusammengefasst.
Gibt es eine Impfpflicht oder ist eine solche geplant?
NEIN. Eine gesetzliche Impfpflicht gegen Sars-CoV-2 gibt es nicht, auch nicht für bestimmte Berufsgruppen. Auch ist derzeit nicht davon auszugehen, dass eine solche Pflicht eingeführt wird. Die Corona-Impfverordnung regelt ausschließlich ein Recht auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus. Und das gilt auch für das Arbeitsverhältnis.
Darf Ihr Arbeitgeber von Ihnen verlangen, dass Sie sich gegen das Coronavirus impfen lassen?
Und kann er Maßnahmen gegen Sie ergreifen, wenn Sie sich nicht impfen lassen wollen?
NEIN. Der Arbeitgeber kann eine solche Impfung grundsätzlich nicht verlangen. Der Grundsatz der Freiwilligkeit gilt auch mit Blick auf § 23a IfSG.
Da es keine Impfpflicht gibt, kann der Arbeitgeber keine Maßnahmen gegen diejenigen ergreifen, die nicht geimpft sind oder es auch nicht vorhaben. Der Arbeitgeber bleibt daher arbeitsvertraglich zur Beschäftigung – mit oder ohne Impfung – verpflichtet. Auch darf es keine Diskriminierung im Arbeitsverhältnis aufgrund des Impfstatus geben. Sollte Ihr Arbeitgeber gleichwohl eine vertragsgemäße Beschäftigung von einer Impfung abhängig machen und beispielsweise Ihnen den Zutritt zum Betrieb oder einem Betriebsteil verweigern, gerät er unter Umständen in den so genannten Annahmeverzug. Dann muss Ihr Arbeitgeber die Vergütung dennoch zahlen, wenn Sie Ihre Arbeit ansonsten ordnungsgemäß anbieten.
Dürfen Sie einen Impftermin während der Arbeitszeit wahrnehmen?
Muss Ihr Arbeitgeber Sie dafür freistellen? Bekomme ich diese Zeit bezahlt?
JA. Am 10. September 2021 ist eine Neufassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung in Kraft getreten. Der neu eingeführte § 5 Abs. 1 verpflichtet Arbeitgeber eine Impfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 während der Arbeitszeit zu ermöglichen. Mit dieser Neuregelung ist ein besonderer Freistellungsanspruch für Beschäftigte geschaffen worden. Den Zeitpunkt Ihrer Abwesenheit sollten Sie allerdings mit Ihren Arbeitgeber besprechen und diese über das geplante Fernbleiben von der Arbeit so früh wie möglich informieren.
Vergütung während der Freistellung:
Die Neufassung der Sars-Cov2-Arbeitsschutzverordnung sieht zwar ausdrücklich eine Freistellungspflicht des Arbeitgebers vor, regelt aber nicht die Frage der Entgeltfortzahlung. Diese Regelung kann aber vertraglich (durch Tarif- oder Arbeitsverträge) verändert oder auch abbedungen werden. Zahlreiche Tarifverträge und Einzelverträge schließen diesen Anspruch aus. Es kommt daher stets darauf an, was in den für auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Vereinbarungen geregelt ist.
Haben Sie als Beschäftigte/r ein Recht auf einen Corona-Test?
JA. Seit dem 22. April 2021 ist in der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung geregelt, dass der Arbeitgeber Beschäftigten, soweit diese nicht ausschließlich in ihrer Wohnung (Homeoffice) arbeiten, mindestens zweimal pro Kalenderwoche einen Corona-Test anzubieten hat. Somit besteht eine generelle rechtliche Verpflichtung aller Arbeitgeber, ihren Beschäftigten Corona-Tests im angegebenen Umfang anzubieten. Diese müssen allerdings vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen wurden sein.
In einigen Bundesländern (u.a. Nordrhein-Westfalen, Hessen, Berlin und Sachsen) gibt es zudem Verordnungen, die für einzelne Branchen auch eine Pflicht der Beschäftigten begründen, sich einem Test zu unterziehen. Diese Regelungen zur Testpflicht sind teilweise durch sog. 3G-Regelungen ersetzt worden, wonach der Testnachweis entfällt, wenn Beschäftigten einen Genesenen- oder Impfnachweis vorlegen.
Kann der Arbeitgeber von Ihnen verlangen, dass Sie sich einem Corona-Test unterziehen?
JEIN. Jeder Test auf eine Infektion, also auch ein Corona-Schnelltest, ist grundsätzlich ein Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II 1 GG). Das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt darüber hinaus die Selbstbestimmung über den eigenen Körper.
Allerding dort, wo Beschäftigte durch entsprechende Verordnungen verpflichtet werden, sich einer Testung zu unterziehen, kann der Arbeitgeber den Test dann auch verlangen. Eine solche Rechtsgrundlage ist in den Rechtsverordnungen der Länder zu finden, die eine Pflicht zur Corona-Testung für bestimmte Beschäftigtengruppen eingeführt haben oder noch einführen werden. Die Weigerung, sich einem Test zu unterziehen, könnte (neben der Sanktionen, die die einschlägige Rechtsverordnung vorsieht) für diese Beschäftigten grundsätzlich arbeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen.
Die Corona-Arbeitsschutz-Verordnung dem hingegen sieht keine Verpflichtung der Beschäftigten vor, sich testen zu lassen. Es handelt sich hier vielmehr um ein Angebot. Fehlt eine entsprechende Rechtsgrundlage, können Sie durch Ihren Arbeitgeber nicht einseitig zu einer Testung verpflichtet werden. Diese Möglichkeit ist vom Direktionsrecht nicht erfasst.
Ist Ihr Arbeitgeber ohne eine entsprechende Testung nicht bereit, Sie zu beschäftigen, ohne dass es eine öffentlich-rechtliche Grundlage für die Testpflicht gibt, gerät dieser in Annahmeverzug und schuldet Ihnen den Lohn gem. § 615 BGB. Arbeitsrechtliche Sanktionen gegen diese Beschäftigten wären gem. § 612a BGB unzulässig.
In Ihrem Betrieb gilt die Testpflicht. Müssen Sie diesen Test außerhalb der Arbeitszeit durchführen?
NEIN. Das müssen Sie nicht. Diese Zeit, die Sie für die Testung im Betrieb (inklusive Warten auf Testergebnis) brauchen, gilt als Arbeitszeit und ist vom Arbeitgeber wie Arbeitszeit zu vergüten.
Nur noch 3G am Arbeitsplatz: Was bedeutet das für Sie?
Verschärfte Regeln für Ungeimpfte am Arbeitsplatz – die steigenden Corona-Zahlen machen dies unumgänglich. Die Ampelkoalition, bestehend aus SPD, FDP und den Grünen, will die 3G-Regel in Unternehmen einführen. Heißt konkret: Nur wer vollständig geimpft, genesen oder einen tagesaktuellen, negativen Test vorweisen kann, soll künftig zur Arbeit gehen dürfen.
Geplant ist, dass die neue Vorgabe im Bundes-Infektionsschutzgesetz verankert wird. Derzeit müssen Arbeitgeber laut der Arbeitsschutzverordnung allen Beschäftigen, die nicht nur im Homeoffice arbeiten, mindestens zweimal in der Woche Corona-Tests anbieten. Eine Testpflicht für Arbeitnehmer besteht hingegen noch nicht. Dies soll sich jedoch zumindest für ungeimpftes Personal ändern. Doch ist noch offen, wer diese täglichen Tests letztendlich finanziert.
Welche Konsequenzen aber drohen Ihnen, wenn Sie sich einem täglichen Corona-Test verweigern oder nicht vorlegen wollen – und somit Ihren Arbeitsplatz nicht betreten dürfen? Werden Sie dann womöglich freigestellt? Fragen, auf die es noch keine Antwort gibt und die aber schnellstmöglich geklärt werden müssen.
Es ist in dem Fall sogar vorstellbar, dass Test-Verweigerer mit einer Abmahnung oder im Wiederholungsfall mit einer Kündigung rechnen müssen. Denn die Weigerung könnte dann als Pflichtverstoß gewertet werden.