07. August 2023 – Radio Brocken
Wer den Führerschein einmal in der Tasche hat, gibt ihn ungern wieder ab – auch wenn es zum Wohle aller vielleicht besser wäre. Die EU möchte nun einige Menschen dazu verpflichten, ihren Führerschein alle fünf Jahre einem Check zu unterziehen, um ihre Fahrtüchtigkeit zu überprüfen.
Laut einem neuen Gesetzentwurf der EU-Kommission sollen Bürgerinnen und Bürger im Alter von 70 Jahren und älter künftig alle fünf Jahre ihre Fahrtüchtigkeit überprüfen lassen. Diese Maßnahme würde bedeuten, dass Führerscheine EU-weit 15 Jahre statt bisher 10 Jahre gültig wären. Allerdings stößt diese Idee in Deutschland auf Widerstand. Unter anderem hat sich der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) öffentlich gegen die Pläne der EU ausgesprochen. Er bevorzugt freiwillige Tests und Fahrsicherheitstrainings für Senioren anstelle verpflichtender Führerschein-Checks.
Thomas Dörflinger, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in Baden-Württemberg, äußert noch drastischere Kritik. Für ihn ist es unvereinbar, über die Erhöhung des Rentenalters auf 70 Jahre zu sprechen und gleichzeitig an der Fahrtüchtigkeit dieser Altersgruppe zu zweifeln, da dies an Altersdiskriminierung grenze. Die Opposition in Baden-Württemberg unterstützt die Position der regierenden Parteien geschlossen und spricht sich ebenfalls gegen eine Testpflicht für ältere Menschen aus.
Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) unterstützt diese Haltung und sieht viele ältere Menschen als erfahrene und umsichtige Autofahrer an, die eigenverantwortlich handeln können. Da es den Ländern durch den Gesetzentwurf der EU-Kommission freisteht, die Vorgabe umzusetzen oder nicht, scheint das Vorhaben gemessen an den Reaktionen aus der deutschen Politik eher zu scheitern. Die Frage nach Verkehrstauglichkeitsprüfungen für Senioren ist jedoch nicht neu und wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach diskutiert.
Im Jahr 2021 waren in Deutschland 66.812 Menschen über 65 Jahre an Unfällen mit Personenschaden beteiligt. Dies entspricht nur 14,5 Prozent aller Unfallbeteiligten, obwohl diese Altersgruppe 22,1 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht. Die Schlussfolgerungen aus diesen Zahlen sind nicht eindeutig. Allerdings ist die Tatsache nicht von der Hand zu weisen, dass Unfälle, die von älteren Menschen verursacht werden, häufig schwerwiegender sind als die von jüngeren Personen. Laut Bericht waren in zwei Dritteln der registrierten Unfälle Senioren hauptverantwortlich, da sie schwerwiegende Fehler im Straßenverkehr gemacht haben.