28. September 2022 – Radio Brocken
Bei den explodierenden Energiepreisen suchen viele Menschen derzeit nach Möglichkeiten, Gas und Strom zu sparen. Das Absenken ihrer Warmwasser-Temperatur ist für manche eine Option. Doch welche Vorgaben gibt es und warum Versorger und Behörden davon abraten.
Das Gas wird immer teurer und der Strompreis steigt ebenfalls weiter. Wegen der steigenden Kosten suchen viele Verbraucher nach Möglichkeiten, Gas und Strom einzusparen.
Wichtig: Legionellen-Konzentration
Legionellen sind Bakterien, die von Natur aus in geringer Anzahl in Gewässern, aber auch im Grundwasser vorkommen. Hiervon geht keine Gefahr für die Gesundheit aus. Allerdings kann es zu einer Infektion kommen, wenn Legionellen sich vermehren können und sich dann kontaminierte Aerosole bilden. Das kann etwa beim Duschen der Fall sein, wenn das Wasser zerstäubt.
Gefahr besteht, wer diesen Legionellen-haltigen Wasserstaub einatmet. Es kann sich eine schwere Lungenentzündung, die Legionellose oder sogenannte Legionärskrankheit, entwickeln. Daran sterben laut RKI rund fünf bis neun Prozent der Infizierten, geschätzt sind das in Deutschland jährlich einige Tausend Menschen.
Entscheidend: Wassertemperatur
Es hängt von der Wassertemperatur ab, der sie ausgesetzt sind, ob Legionellen sich derart vermehren können. Hat das Wasser weniger als 20 Grad Celsius, können sich Legionellen nicht ausbreiten. Die Temperatur des Grundwassers liegt in Deutschland meist zwischen etwa 10 und 15 Grad.
Eine Legionellen-Gefahr besteht vorrangig bei Warmwasser - die besten Bedingungen für eine Vermehrung finden Bakterien bei Temperaturen zwischen 25 und 45 Grad Celsius. Ab 55 Grad breiten sich Legionellen nicht mehr aus, ab 60 Grad sterben sie ab.
Was bedeutet das für das Warmwasser in Haushalten?
Empfehlung: Warmwassertemperatur von 60 Grad
Die Warmwassertemperatur sollte auf mindestens 60 Grad eingestellt sein - das empfehlen übereinstimmend u.a. das Umweltbundesamt (UBA) und der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW). Das bedeutet: Das warme Wasser, das aus der Leitung kommt, sollte vorher auf mindestens 60 Grad Celsius erhitzt werden.
Aber auch der Gesetzgeber macht Vorgaben für die Beschaffenheit des Wassers. In der Trinkwasserverordnung des Bundes heißt es in Bezug auf Bakterien, die "Konzentrationen von Mikroorganismen, die das Trinkwasser verunreinigen oder seine Beschaffenheit nachteilig beeinflussen können, sollen so niedrig gehalten werden, wie dies nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik mit vertretbarem Aufwand unter Berücksichtigung von Einzelfällen möglich ist".
Die genaue Temperatur ist also nicht gesetzlich geregelt, sie ist Teil der "allgemein anerkannten Regeln der Technik", erklärt Biologe Benedikt Schaefer vom UBA im Gespräch mit dem #Faktenfuchs. Da etwa Branchenverbände wie der DVGW oder auch das Deutsche Institut für Normung (DIN) übereinstimmende Regeln aufstellen, gelte dies eben allgemein anerkannt. Auf diese Regeln verweist die Trinkwasserverordnung an zahlreichen Stellen.
Branchenverband: Warmwasser sollte nie weniger als 55 Grad haben
Der DVGW schreibt auf seiner Homepage etwa: "Das erwärmte Trinkwasser am Ausgang des zentralen Trinkwassererwärmers muss 60 °C haben, um eine Vermehrung von Legionellen zu verhindern." Das bedeutet, dass dort, wo das Trinkwasser im Gebäude erhitzt wird, eine Temperatur von 60 Grad Celsius herrschen muss, erklärt Trinkwasser-Experte Schaefer. Es gebe aber noch einen anderen wichtigen Wert: "Nirgendwo im System sollte es unter 55 Grad sein. Denn das Wasser verliert ein bisschen an Temperatur auf dem Weg durch die Rohre."
Ein Thermometer unter den auf Rot gedrehten Wasserhahn zu halten, ist keine Möglichkeit, die tatsächliche Warmwassertemperatur zu überprüfen, sagt Schaefer. "In vielen Haushalten gibt es einen Verbrühschutz, das ist eine Zwangszufuhr von Kaltwasser, damit man sich nicht verbrüht." Wer also seinen Wasserhahn auf heiß dreht, bekommt dennoch nicht die tatsächliche Warmwassertemperatur heraus.
Die durch den Fachmann eingestellte Temperatur, etwa an der Gastherme, sollte laut Schaefer nicht eigenständig verändert werden. Gesundheitsschutz gehe vor!
Eigentümer für Legionellenkontrolle verantwortlich
Hauseigentümer sind für die Einhaltung verantwortlich. Die 60 Grad sind für Großanlagen (ab Dreifamilienhäusern) vorgeschrieben, hier gelten verpflichtende Überprüfungsintervalle. In Ein- und Zweifamilienhäusern gibt es keine Pflichtuntersuchungen, die Kesseltemperatur darf auch auf 55 Grad abgesenkt werden. Die Behörden empfehlen jedoch auch hier 60 Grad.
Wer selbst eine Immobilie besitzt, kann also verpflichtet sein, das Wasser auf Legionellen zu überprüfen. Der Wasserversorger, also etwa die Stadtwerke, spielen bei Legionellose-Ausbrüchen in der Regel keine Rolle. Die Ursache für Ausbrüche liege meist in privaten oder öffentlichen Gebäuden.
Was Privatpersonen und Bewohner des eigenen Einfamilienhauses machen, liegt letztlich in ihrer Verantwortung. Privates Verhalten muss jeder für sich entscheiden.
Gefährdung für Hochrisikogruppen
Besonders achtgeben auf die Warmwassertemperatur sollten Hochrisikogruppen. Insbesondere Immungeschwächte sind durch Legionellen gefährdet. Wer etwa nach einer Krebsbehandlung wieder nach Hause kommt, dem werde manchmal der Einsatz von speziellen Filtern empfohlen.
Geringer Wasserdurchlauf kann Keimvermehrung begünstigen
Gut zu wissen: wo Wasserhahn und Dusche ständig benutzt werden, besteht ebenfalls ein geringeres Keimrisiko. Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass Wasseranschlüsse, wie im Gästebad, regelmäßig genutzt werden. Wenn nämlich irgendwo ein unbenutzter Wasseranschluss ist, kann es dazu führen, dass das Wasser dort steht und das ganze Wassersystem verunreinigt. Den Hahn einfach nicht mehr aufzudrehen ist also keine Option.
Es gibt daher nicht viele Möglichkeiten, über das System anstelle des Verbrauchs Wasser zu sparen. Wassersparen funktioniert am besten bei der Planung oder durch energetische Sanierung. Dann könne darauf geachtet werden, dass es nur dort im Haus Wasseranschlüsse gibt, wo es wirklich notwendig ist.
UBA empfiehlt technische Vorrichtungen nicht
Vermeintliche technische Lösungen, wie sogenannte Legionellenschaltungen, empfiehlt das Umweltbundesamt nicht. Eine Legionellenschaltung erhitzt das Wasser in bestimmten Abständen und soll es so desinfizieren.
Es wird schon seit Jahren an verschiedenen Techniken geforscht, die einen hygienisch sicheren Betrieb bei geringen Temperaturen ermöglichen sollen, so der UBA-Experte. "Leider liegt bisher für keine dieser technischen Lösungen der Nachweis vor, dass sie in der Praxis genauso sicher funktionieren wie die Einhaltung der vorgegebenen Temperaturen."
Fazit
- In größeren Wasseranlagen sind für Warmwasser 60 Grad Celsius vorgeschrieben, um vor Legionellen zu schützen.
- Laut Umweltbundesamt sollte die Temperatur in keinem Warmwassersystem unter 55 Grad betragen.
- Auch der Wasserdurchlauf beeinflusst die Vermehrung von Legionellen.