23. April 2024 – dpa Nachrichten
Technische Textilien sind das Rückgrat der ostdeutschen Textilindustrie. Ab Dienstag zeigt die Branche ihre Neuheiten auf der Leitmesse in Frankfurt - und holt mehrere Innovationspreise.
Hitzebeständiger Stoff, der Polizisten vor Angriffen mit Molotow-Cocktails schützen soll, ein neues Verfahren zur Herstellung von Vlies und ein Messverfahren für besser sitzende BHs: Forschungsinstitute und Textilhersteller aus Sachsen und Thüringen stellen diese Woche ihre Neuheiten auf der Messe Techtextil in Frankfurt am Main vor. Aus beiden Bundesländern sind insgesamt 34 Aussteller vertreten, wie der Verband der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie (vti) informierte. Dazu zählen die Filzfabrik Wurzen, Norafin aus Mildenau, Otex Textilveredlung in Flöha, Vowalon Beschichtung in Treuen, Thorey Textilveredlung Gera und das Thüringer Textilforschungsinstitut in Greiz.
Die Techtextil versteht sich als internationale Leitmesse für technische Textilien und Vliesstoffe. Sie sollte am Dienstag starten und bis Freitag dauern. Mehr als 1300 Aussteller aus 51 Ländern sind vertreten. Technische Textilien sind der Schwerpunkt der ostdeutschen Textilindustrie. «Sie realisiert deutlich mehr als die Hälfte ihrer Wertschöpfung in diesem Sektor», erklärte vti-Hauptgeschäftsführer Jenz Otto. Bei der Entwicklung neuer Produkte und Verfahren kooperierten die meist mittelständischen Unternehmen eng mit den Textilforschungsinstituten der Region. Die ostdeutsche Textilbranche hat laut Verband rund 16.000 Beschäftigte. Die Region Sachsen/Thüringen zähle zu den vier größten Textilstandorten bundesweit.
Zu den Neuheiten, die in Frankfurt präsentiert werden, gehört ein Verfahren zur Herstellung von Vliesstoffen, genannt Hydro-Shape. Dabei werden den Angaben zufolge Fasern durch Hochdruckwasserstrahlen und Robotik zu stabilen dreidimensionalen Formen verbunden - etwa zu einem Basecap. «Dabei werden Energie und Material nur dort eingesetzt, wo es wirklich nötig ist», erklärte der Entwicklungsleiter der Firma Norafin, Marc Jolly. Es könnten auch Vliese rein aus Naturfasern ohne jegliche Bindemittel erzeugt werden. Für das neue Verfahren wird das Unternehmen mit 185 Beschäftigten auf der Messe mit einem Innovationspreis ausgezeichnet.
Zwei weitere Auszeichnungen gehen an Forscher der TU Dresden. Im ersten Fall geht es um eine neue Vermessungsmethode, die helfen soll, dass BHs besser sitzen, wie die Messe mitteilte. Das Verfahren ermögliche es, weiche Körperpartien wie die weibliche Brust in Bewegung zu vermessen und nicht - wie bei vielen 3D-Bodyscannern - nur in ruhender Pose. Damit könnten Bekleidungshersteller künftig unter anderem individuellere BHs mit höherem Tragekomfort entwickeln, aber auch Zeit und Kosten bei der Produktentwicklung sparen. Außerdem werden Forscher aus Dresden für ein neues Fertigungsverfahren von Betonteilen unter Verwendung von Carbon ausgezeichnet. Dadurch soll bis zu einem Drittel Beton und damit klimaschädliches Kohlendioxid gespart werden können.
Auch das Sächsische Textilforschungsinstitut in Chemnitz präsentiert sich in Frankfurt. Dabei geht es um die Textilfabrik der Zukunft. Dazu werde ein mobiles Robotersystem gezeigt, das ein Spulengatter automatisiert bestückt, teilte das Institut mit. Zudem gehe es um gedruckte Heizleiterstrukturen. Damit sollen in Zukunft Gewicht und Energie von Sitz- und Innenraumheizungen in Autos verringert werden. Auch ein Schutzanzug wird gezeigt, der durch hitzebeständiges Gewebe Polizisten und andere Einsatzkräfte besser schützen soll. Um Hitze geht es auch bei der Präsentation der Firma Vowalon aus Treuen im Vogtland. An einem Modell werde das Verfahren der Flammkaschierung demonstriert. Dabei werden textile Stoffe per Flamme verklebt.